Zwischen Beton blüht die Kunst

Im "Stadttor" ist Platz für 25 provisorische Ateliers – Besucher erwünscht

Konzentriert schaut Horst Baumann unter dem Schutzhelm hervor und sagt: "Zunächst peilen wir das Parlament an." Keine Verschwörung oder der Beginn einer Politiker-Karriere – der Künstler Baumann spricht von einer Laser-Aktion am Hochhaus über dem Tunnel: In einer einmaligen Kunstaktion haben sich Künstler aus NRW auf der Baustelle einen 600 Quadratmeter großen Raum als Werkstatt geschaffen. Bis zum 28. Oktober können Besucher ihnen zuschauen und mit Ihnen diskutieren, täglich von 16 bis 19 Uhr.

Grazile Glasfläschchen, Spiegel, Spielzeugautos und allerlei Krimskrams liegen auf einem Tisch – darüber erheben sich 70 Meter Stahl, Beton und Glas. Im Torhaus entwickelt sich spielerisch Kunst am Fuße hochragender Architektur.

Im ersten Stock des Hochhauses haben sich die Künstler eigene Bereiche abgeteilt, teils mit Halogenlampen ausgeleuchtet. Da liegen noch Briketts auf dem Tisch bei Birgit Happ, D.C. Hoffmann baut einen Altar aus Teppichen, und die Künstler InDa und Heide bauen eine Installation über "die Geißeln der Menschheit" – Hochhäuser sind nicht gemeint.

"Das ist eine schöne Werkstatt-Athmosphäre hier," beschreibt Heide den Raum, der durch Planen von der Straße abgetrennt worden ist: "Jeden Tag wachsen neue Ideen." Zum Richtfest am 29. Oktober werden die Werke vorgestellt.

Peter-Michael Engel, Chef der Baugesellschaft des Unterbilker Baus, war sofort von der Idee begeistert, als Künstler der IG-Medien ihm die ungewöhnliche Kunstaktion vorschlugen. Alle Baufirmen haben geholfen, sagt Baumann. Und mißt in der Zeichnung des Hochhauses die Entfernung bis zum Landtag.

Erschienen in: NRZ Freitag, den 13. September 1996 – Nummer 216