Gestern zog die erste Firma ins Düsseldorfer Stadttor

Die Rolltreppen stehen noch still, ebenso die freischwebenden, transparenten Aufzüge.
Das Erdgeschoß, in dem Restaurants und Geschäfte entstehen
sollen, ist noch Baustelle. Doch die ersten Mieter zogen
gestern in den elften Stock des Stadttores ein: die
Personalberatung Kienbaum. 35 Mitarbeiter werden ab
Montag in 40 Meter Höhe mit Blick über die Dächer der
Landeshauptstadt Geschäfte führen. 40 Prozent der 26
000 Quadratmeter auf 20 Geschossen sind bisher vermietet.
Die Unternehmensberatung Boston Consulting wird allein
6000 Quadratmeter belegen.

“Hier zu arbeiten – das ist wie Urlaub”

Eine hohe Palme steht hinter zwei Kisten im kleinen
Fahrstuhl des Feuerwehr-Treppenhauses. Die Möbelpacker
und ein Mitarbeiter der Kienbaum-Personalberatung
quetschen sich in de engen Raum, um in die elfte Etage
des Düsseldorfer Stadttores zu fahren, denn der große
Aufzug im Innenhof ist nicht in Betrieb. Während im
Erdgeschoß des gläsernen Gebäudes noch gebaut wird,
liegt im elften Stock schon stahlblauer Teppichboden.
Designer-Schreibtische stehen im Eingangsbereich der 800
Quadratmeter großen Büroeinheit. An den ergonomisch
korrekten Stühlen baumeln noch Gebrauchsanweisungen.
Alles duftet neu. Mehrere hunderttausend Mark hat die
größte Personalberatung Deutschlands in die Ausstattung
ihrer Räume investiert. Die Designer-Telefone
funktionieren schon seit drei Tagen. Klingeln – hell
und dezent. Doch beraten wird erst wieder ab Montag.
Jetzt packen die 35 Angestellten noch Kisten aus, räumen
Schubladen ein und plazieren Topfpflanzen in den Räumen,
durch deren Fenster sich rundum ein beeindruckender Blick
auf die Stadt eröffnet.

“Wir versprechen uns eine hohe Motivation der
Mitarbeiter durch dieses ansprechend Arbeitsumfeld”,
sagt Dr. Achim Brühne, Personalberater und zur Zeit
“Projektleiter Umzug”. Er hat im
extravagantesten Büro der Etage Platz genommen, das für
seinen Chef bestimmt ist. Der Raum liegt in der dem
Rheinturm zugewandten Spitze. Ein großer Baukran
schwenkt alle paar Minuten bedrohlich auf die doppelt
verglaste Fassade zu, während der Projektleiter
erzählt: 2640 Meter Kabel mußten verlegt werden.
Ausgefallene Räume erfordern ausgefallene Einrichtung,
die allerdings auf die speziellen Bedürfnisses des
Unternehmens abgestimmt sein muß. “Eine
Personalberatung hat viel Publikumsverkehr. Eine
prominente Adresse entspricht unserer
Unternehmensphilosophie. Trotzdem mußten wir darauf
achten, daß die Diskretion gewahrt ist”, erläutert
Brühne. Wer möchte schon beim Vorstellungsgespräch
für die neue Position dem Kollegen begegnen, der sich um
die gleiche Stelle beworben hat? Zwischenwände und
blickdichte Raumteiler mußten her.

“Die Kapitänsbrücke”

35 bis 40 Mark Miete pro Quadratmeter zahle man hier,
sagt Brühne, ohne sich näher festlegen zu wollen.
“Hier zu arbeiten, das ist wie Urlaub”, flötet
eine Mitarbeiterin scherzhaft, während sie Ordner in den
Schrank stellt. “Vorne am Schiffsbug ist die
Kapitänsbrücke, wie bei der Titanic”, ergänzt
eine Kollegin mit Blick auf das dreieckige Chefbüro.
Doch nun geht es um Elementares: Die Mittagspause rückt
näher, und dort, wo bald Cafés sein sollen, ist jetzt
noch Baustelle.

Erschienen in: Rheinische Post
Von: Alexandra Ressing und Ulrich Horn (Fotos)