Clement ist umgezogen

Er erste Arbeitstag im neuen Büro: Mit einem Plexiglasschlüssel
in den Händen posiert der nordrhein-westfälische Ministerpräsident
Wolfgang Clement vor der neuen Staatskanzlei im Düsseldorfer Stadttor.
305 Mitarbeiter der Staatskanzlei werden künftig in den insgesamt
320 Räumen arbeiten.

Mit dem Umzug beginnt für Clement ein neuer Abschnitt Ministerpräsident
schwärmt von seinem Arbeitsplatz

Den ersten Arbeitstag in der neuen Staatskanzlei beginnt NRW-Ministerpräsident
Wolfgang Clement (SPD) im Kreis „lieber Gäste“. Stolz präsentiert
er am Montag den Journalisten seinen Arbeitsplatz im „Stadttor“.

Seit seinem Amtsantritt vor zehn Monaten schwelgt Clement in Superlativen,
wenn er von dem Glashaus spricht. „Ein einzigartiges Gebäude,
in jeder Hinsicht außergewöhnlich“, schwärmt er.
„Jeder kann jeden sehen. Hier kann man nur gute Laune haben“,
sprudelt es aus ihm heraus.

Man spürt: Der Umzug war ihm ein Herzensanliegen. Clement freut sich,
daß er jetzt nach zweimaligem Aufschub gelang. Es habe „brillant
geklappt“, betont Clement zweimal, als sei eine Last von ihm genommen.

„Der Blick aus dem Fenster sagt fast alles über das Gebäude“,
fährt er fort. Die Journalisten, die sich im elften Stock versammelt
haben, blicken hinunter in die Tiefe, wo Landtag, alte Staatskanzlei und
Landeshauptstadt wie eine Spielzeugwelt am Boden liegen.

Den Vollzug des Umzugs zelebriert Clement als Zäsur. Die bisherige
Amtsführung verlief recht glücklos. Sie setzte sich in der Öffentlichkeit
als Kette selbstverschuldeter Pleiten und Pannen fest, die sein Image
als Macher lädierten.

Der Ex-Journalist weiß um die Wirkung. Macher brauchen den Erfolg
wie Fische das Wasser. Der Druck, Fehler zu vermeiden, wächst, man
merkt es ihm an. Ganz so forsch bürstet er nicht mehr gegen den Strich.

In der Steuerdiskussion stützt er Bundeswirtschaftsminister Müller.
Zur Mehrwertsteuer hält er sich bedeckt. Die Beschäftigungspolitik,
von Pannen und Pleiten zugedeckt, soll wieder in den Vordergrund. Der
Kritik, die aus dem Vergleich mit seinem Vorgänger Rau erwachsen
könnte, baut er vor. Kürzlich habe er sich mit Rau in dessen
Wuppertaler Stammkneipe besprochen, sagt er. Und die Verwaltungsreform?
„Sie kommt auf hervorragende Weise voran.“

Mit den Gedanken ist er am Montag schon im Urlaub. Heute fährt Clement
für 14 Tage zum Ausspannen in die USA. Nach Ostern gilt dann: neues
Haus, neues Glück. „Das Haus ist ein Symbol dafür, daß
es rausgeht aus der Talsohle des Strukturwandels“, sagt er.

Dann weist Clement aus dem Fenster auf die winzigen Häuser am Fuße
seiner Residenz: „Wenn Sie in Zukunft einen Überblick gewinnen
wollen, dann kommen Sie einfach vorbei“, lädt er die Journalisten
ein.

Erschienen in: WAZ 30. März 1999

Von: Ulrich Horn, Düsseldorf